09.09.2013

Promovierte in Deutschland - Der Kurswechsel ist Normalität
Nur jeder fünfte Doktor forscht!
Es ist allgemein akzeptiert, dass hochqualifizierte Wissenschaftler einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zur Entwicklung und Verbreitung von Wissen und Technologien in Deutschland leisten. Sie sind Schlüsselfaktoren für wirtschaftliches Wachstum, Fortschritt und Innovation.

 
Trotz der Bedeutung dieser Gruppe für den Wirtschaftsstandort Deutschland waren die Verläufe der Karrierewege von promovierten bisher nicht systematisch erfasst worden. Jeder argumentierte aus der eigenen Erfahrungswelt und auf Basis von „gefühlten“ Fakten. Dies macht die Diskussion, wie akademische Organisationen diese hochqualifizierten Leistungsträger in ihrer Entwicklung noch besser fördern können, häufig schwierig.

 
Um zumindest ein Stück dieser Wissenslücke zu schließen, hat das statistische Bundesamt eine Studie durchgeführt, deren Ergebnisse am 29. August 2013 veröffentlich wurden (Fundort s. unten).

 
Das gilt laut dieser Studie über alle Altersstufen hin bis zur Pensionierung. Die Tatsache mag zunächst einmal nicht erstaunen, da fast die Hälfte aller Doktoren Mediziner sind. Ein genauerer Blick auf die Gruppe der Naturwissenschaftler/Mathematiker zeigt aber, dass auch hier 60 % nicht forschen.

 
Warum ist es normal, erst zu promovieren und dann nicht zu forschen?
Welche Motive veranlassen die Doktoren früher oder später zum Wechsel?
Nach eigenen Angaben der „nicht-forschenden“ Doktoren findet

  • jeder Zweite einfach eine bessere Alternativen außerhalb der Forschung
  • jeder Dritte hat überhaupt kein Interesse an einer Forschungstätigkeit und für
  • jeden Vierten sind unklare längerfristige Perspektiven der Grund für einen Wechsel aus der akademischen Forschung in andere Aufgabenfelder

Es bleibt festzuhalten: Ein Kurswechsel ist Normalität. Was allerdings für jeden zweiten die bessere Alternative ist, darauf gibt die Studie so wenig eine Antwort, wie auf die Frage, wann der Kurswechsel erfolgt und ob sich die Motive mit zunehmendem Lebensalter verändern. Für Forschungsorganisationen ist die Tatsache, dass der Wechsel aus der Forschung heraus ein Normalfall ist, Risiko und Chance zugleich - Risiko, weil die Forschung intelligente, junge Köpfe zu früh zu verlieren droht, Chance, weil dadurch in den Organisationen immer wieder Platz für neue aufstrebende Talente geschaffen wird.

 
Vor dem Hintergrund der demographischen Veränderungen wird es eine herausfordernde Aufgabe sein, Steuerungsmechanismen zu entwickeln, die diesen Balanceakt meistern können. Hierfür wird man sich noch genauer mit der Gruppe der Promovierten befassen und differenzieren müssen, in welchen Situationen und mit welchem Maß an Erfahrung ein Wechsel angestrebt wird, in welche Aufgaben-/ Verantwortlichkeiten er gelingt und welche Schwierigkeiten dabei auftauchen. Dann kann endlich der Frage nachgegangen werden, wie ein solcher Wechsel sinnvoll und effizient durch geeigneten Kompetenzerwerb unterstützt werden kann. Karriereförderung während der Forschungstätigkeit bedeutet, zu akzeptieren, dass neben akademischen Karriereverläufen andere Verläufe das sind, was sie sind: ein Normalfall, der im eigenen Bildungsauftrag berücksichtigt werden sollte.

 
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Hochschulen/HochqualifizierteDeutschland5217205139004.pdf?__blob=publicationFile
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Hochschulen/HochqualifizierteDeutschland5217205139004.pdf?__blob=publicationFile

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