16.06.2015

Genau!
Genau nicht ganz ernst gemeint
Früher haben wir „genau“ gesagt, wenn wir ausdrücken wollten, dass etwas exakt so ist, wie es sein soll. Das neue Kleid entspricht genau meinen Vorstellungen. Das Lokal liegt genau dort, wo du gesagt hast. Ich habe den grünen Schraubenzieher genau da gefunden, wo er immer liegt. Obwohl Du die Bauanleitung genau befolgt hast, schließt die Schranktür nicht. Genau lässt sich zudem noch gut in allerlei Vorwürfe packen. Du weißt doch genau, dass ich das nicht mag. Immer genau dann, wenn meine Mutter anruft, stellst du den Staubsauger an.„Genau“ werden Sie denken – was sonst?Heute erlebe ich junge Menschen, die „genau“ ganz anders verwenden. Sie stellen etwas vor, erläutern ihre Gedanken und geraten dabei ins Stocken. Eine kleine Pause entsteht, und in die platzt dann ihr „genau“. Und als ob sie ihre eigenen Gedanken plötzlich in diesen kleinen Trichter „genau“ kanalisieren, geht es danach schwungvoll weiter in den Ausführungen, um diese am Ende wieder mit einem kräftigen „genau“ abzuschließen. Passiert dies im Rahmen eines Gesprächs ein- oder zweimal, kann man dieses „genau“ als völlig harmlose kleine Angewohnheit übergehen. Vervielfacht es sich allerdings im Zuge einer Präsentation so, dass man geneigt ist, eine Strichliste zu führen, drängt sich die Frage auf, was dahinter steckt? In meinen Ohren klingt dieses „genau“ nach dem Wunsch, sich in Momenten eigener Unsicherheit selbst zu bestätigen. Je irritierter ich augenblicklich bin, desto mehr muss ich nach außen kundtun, dass ich alles ganz genau im Griff habe. Sich in dieser Weise selbst stimulierend mögen Sprecher und Sprecherin Sicherheit gewinnen. Die Aufmerksamkeit der Zuhörer wird allerdings erst recht genau auf diese kleine Unsicherheit gelenkt, womit sie ihre Bedeutungslosigkeit vollends verliert.Es genügt, die innere Stimme „genau“ sagen zu lassen…….
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